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100 % Entscheidung für spontanes Glück

 

 

Am Freitag morgen bin ich Hals über Kopf ins Auto gestiegen und nach Bayern gefahren, um auf halber Strecke der Skifreizeit meine fiebrig kranke, sich hundsmiserabel und elend fühlende Tochter zu „befreien“. Zu dem leidet sie von klein auf an starker Reiseübelkeit und der Gedanke, dass sie sich in dem Zustand in einer mindestens 13-Stunden-Busfahrt aufhält, war für mich absurd!

 

Nein – ich korrigiere: Hals über Kopf war es gar nicht, eher so:

 

ich wurde morgens um 6.30 h wach und die Entscheidung war für mich kristall-klar! Ich fahre sie abholen! Heute! Ich verschiebe einfach alle Termine!

 

Ihr Vater fand mich damit total übertrieben.

Ich entgegnete ihm: “Ach ja? Für mich ist das total NORMAL!“

 

Ohne mit irgendeiner erwachsenen Begleitperson dieser Reise gesprochen zu haben prüfte ich kurz vorher, eher spekulierend, welche Autobahn-Strecke der Busfahrer wohl aus Südtirol nehmen würde und fuhr los. Den Rest überlies ich dem Schicksal.

 

Nach einigen gescheiterten Versuchen, auf dem Weg eine klare Auskunft von dem eher desinteressierten Klassenlehrer zu bekommen, rief mich Emilia nach 5 Stunden an: „wir sind jetzt in Feuchtwangen-West bei Mc Donalds und machen dort eine halbe Stunde Pause“. Ich schaute auf das Schild über mir: „Feuchtwangen West – 1000 m“. Bingo!!! Schicksal oder Vertrauen?

 

Wir nahmen uns in die Arme und konnten beide mit großer Erleichterung loslassen.

 

Innerhalb von 5 Minuten war alles Hab und Gut aus dem Bus geholt, noch ein kleines Softeis mit Schokosauce für die geschwollenen Mandeln auf die Hand und los ging es.

 

Wir buchten uns vor Ort ein wunderschönes Zimmer in einem Romantikhotel. Emilias Vater hat es spendiert (ich mutmaße, er war vielleicht doch auch am Ende ziemlich erleichtert  und vielleicht ein ganz klein wenig beeindruckt? ;-).

 

Was ich zu dem nicht wusste war, dass Feuchtwangen eine der schönsten Kleinstädte in Mittelfranken ist und direkt an der „Romantischen Straße“ liegt.

 

Genau so war es auch dort. So romantisch, wie zwei „Prinzessinnen“ es nach einer Strecke der Strapazen und dem uneingeschränken Willen, sich auf halber Strecke ohne den geringsten Zweifel zu treffen, verdient hatten.

 

So hatten wir im malerischen hügeligen Frankenland eine wunderbare Zeit zu zweit wie schon lange nicht mehr. Emilia wollte sogar gern noch eine weitere Nacht dort verbringen, doch mich zog es nach Haus.

 

Am nächsten Tag fuhren wir in aller Gemütsruhe auf freien Autobahnstraßen zurück, mit Zwischenstop zum Mittag in Frankfurt. Hieraus entstand wiederum eine neue Idee, die von Emilia kam: “Mama, ich möchte mit dir mal öfter reisen! Es ist cool, mit dir zu reisen!“

 

Genau – das habe ich mir in meiner Vision für uns auch vorgenommen, sah nur in letzter Zeit, dass der permanente Gebrauch des Internets überhaupt kein Interesse ihrerseits für die schönen Dinge in der Außenwelt mehr zuließ.

 

Am späten  Samstag Nachmittag kamen wir glückserfüllt zu Hause an. „Mama, ich könnte jetzt noch ewig weiterfahren! Mir ist überhaupt kein bisschen übel! Und Du bist einfach legendär. Was du für mich tust, ist schon wirklich der Hammer!“.

 

Natürlich war ihr nicht übel. Ihre Seele hatte Zeit zum Reisen und sie hatte jederzeit die Freiheit, zu sagen, „können wir anhalten? Mir ist nicht gut“. Alleine schon mit diesem Wissen war ihr nicht übel. Mit dem Wissen, mit ihren negativen Gefühlen auf einen verständnisvollen Menschen zu treffen. Das ist im Übrigen eine der schönsten Eigenschaften, die wir einem Menschen zur Verfügung stellen können.

 

Slow Travelling – nach den eigenen Bedürfnissen reisen, mit Zeit. So, dass die Seele nachkommt.

 

So etwas ist in einem (Schul-)System noch nahezu undenkbar. Skireisen werden seit 30 Jahren auf diese eine Art gemacht: eine 15 Stunden-Bus-Strecke mit 50 Kindern und wenigen Erwachsenen in einem Bus. Ende! Die Hinfahrt erfolgt über Nacht. Fertig! Effizient und Günstig. So ist das eben! Das war schon immer so! Punkt!

 

Nein! An der Stelle bin ich gerne „Weichei“. Zum Glück gibt es dafür heutzutage einen ganz wertschätzenden Fachbegriff. „Hochsensibel“.

 

Aus dieser hochsensiblen Weichei-Brille muss ich leider sagen: Effizient und günstig ist NIE gemäß der eigenen Bedürfnisse! Das bedeutet immer zu „funktionieren“, damit es effizient und günstig bleibt. Zu funktionieren bedeutet aber leider immer, die eigenen Gefühle zu unterdrücken. Durchziehen – einfach mal zusammenreißen – und die Klappe halten!

 

Sorry, liebes Schulsystem! Ich mache da nicht mit! Und das weißt du auch schon ganz genau. Ihr lieben LehrerInnen – Ihr rollt schon mit den Augen, wenn ich mich anmelde zu den Elternsprechtagen oder einzelne Termine mit euch vereinbare. Ihr wisst schon genau „wenn die Lueg kommt, dann gibt es wieder direktes unbarmherziges Feedback!“. Genau. So ist das. Ende. Aus. Feierabend! Irgendeiner muss ja mal den Mund auf machen.

 

Ich würde das jeden Tag und immer wieder genau so tun. Ich habe ein Herz, Leidenschaft, Gefühle und ich fühle mit den Menschen. Und für einen Menschen, den ich sehr liebe, würde ich jeden Tag nach Bayern fahren.

 

Wenn es sein muss, auch nach Tahiti. Da würde ich allerdings ein Romantikhotel für zwei Anschlusswochen buchen und Emilia  eine Krankschreibung für die nächsten 14 Tage bescheinigen, während wir es uns richtig gut gehen lassen bei Kokosnussmilch unter Palmenwedeln in einer Hängematte am Meer und den Surfern beim Wellen reiten zuschauen.

 

Erst das Vergnügen, dann die Arbeit! Punkt!

 

Das wäre mal ein Slogan für neuen Wind – nicht nur im Schulsystem.